Kreisgruppe Wonnegau
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Insektenerhebung im Naturschutzgebiet „Kalksteinbrüche Rosengarten“ und der Erweiterungsfläche Rosengarten in Gundersheim

Kurze Zusammenfassung und Auszüge aus dem Abschlussbericht

Im Auftrag des BUND Wonnegau hat Sabine Schwabe vom Büro für Entomologie (https://www.insektenkunde-schwabe.de/) im Naturschutzgebiet Kalksteinbrüche Rosengarten sowie auf der Erweiterungsfläche Rosengarten in Gundersheim eine Insektenerhebung durchgeführt. Untersucht wurde vor allem das Vorkommen der Käfer mit dem Schwerpunkt auf Laufkäfer sowie der Heuschrecken. Ziel war eine Inventarisierung der Zielgruppen sowie eine Beurteilung der Flächen anhand dieser Zeigerarten aus der Klasse der Insekten und daraus ableitende Anpassungen von Pflegemaßnahmen zu Schutz, Erhalt und künftiger Ansiedlung von Insekten.

Welche Flächen wurden untersucht? Das Naturschutzgebiet Kalksteinbrüche Rosengarten liegt im Landkreis Alzey-Worms in Rheinland-Pfalz. Die Fläche des ehemaligen Steinbruchs wurde im Jahr 1978 an den BUND Rheinland-Pfalz verkauft. Seitdem kümmert sich der BUND Wonnegau um die Pflege und den Erhalt der Fläche. Das 11 ha große Gebiet, das im Jahr 1983 unter Naturschutz gestellt wurde, erstreckt sich südwestlich der Ortsgemeinde Gundersheim zwischen der nördlich verlaufenden A 61 und der B 271 im Süden. Der Arten- und Strukturreichtum des Gebietes spiegelt sich in einer reichen Fauna und Flora wider.

Zum Schutz und Erhalt dieser biologischen Artenvielfalt wurde im Jahr 2018 über den Landkreis Alzey-Worms, finanziert über die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland –Pfalz mit Mitteln der Ersatzzahlungen, ca. drei Hektar angrenzende Ackerfläche erworben, die Erweiterungsfläche NSG Kalksteinbrüche Rosengarten. Diese werden innerhalb von 15 Jahren ökologisch aufgewertet und zu artenreichem Grünland entwickelt, um das bedeutende Biotop NSG Kalksteinbrüche Rosengarten weiter aufzuwerten. Für die Untere Naturschutzbehörde der Kreisverwaltung Alzey-Worms übernimmt der BUND Wonnegau hier die Aufgabe der Aufwertung und Pflege der Fläche.

Vorstellung der Artengruppen und ihre Bedeutung: Im Rahmen der Untersuchung wurden vor allem Laufkäfer, sonstige Käfer und Heuschrecken aus folgenden Gründen erfasst: Laufkäfer besiedeln viele verschiedene Lebensräume in großer Arten- und Individuenzahl und können aufgrund ihrer hohen Mobilität schnell und eindeutig auf Intensitätsschwankungen in ihren Lebensräumen reagieren. Heuschrecken eignen sich gut zur Charakterisierung und Zustandsbeurteilung von Trockenbiotopen. Sie reagieren sehr empfindlich auf Änderungen der Bewirtschaftung und des Klimas. Um ein vollständigeres Bild des Insektenvorkommens auf den Flächen zu erhalten, wurden auch Wanzen, Zikaden und Schmetterlinge erfasst. Spinnen wurden ebenfalls aufgenommen. Da sie sich größtenteils von Insekten ernähren, lässt eine hohe Besiedlungsdichte Rückschlüsse über das Insektenvorkommen zu.

Methodik und Zeitraum: Die Insektenerhebung wurde von März bis Oktober 2024 im vierzehntägigen Rhythmus durchgeführt, in den Sommermonaten auch in kürzeren Abständen. Zur Erfassung der Laufkäfer wurden auf den Flächen jeweils 30 Bodenfallen, sogenannte Barberfallen ausgebracht. In der Regel wurden sie im vierzehntägigen Rhythmus geleert und die Laufkäfer sowie den Beifang (Käfer, sonstige Insekten, usw.) dokumentiert. Weitere Käfer sowie Wanzen und Zikaden wurden einerseits durch Sichtung bei der Begehung der Flächen, aber auch durch Kescher und mittels einem Klopfschirm erhoben. Ein Keschern erfolgte in den Monaten Juni bis September jeweils einmal im Monat. Die Erfassung der Heuschrecken erfolgte durch Sichtung bei der Begehung der Flächen, Verhörung, (jede Heuschrecke hat eine charakteristische Lautäußerung) und durch Keschern von Ende Juli bis Anfang Oktober, jeweils einmal im Monat. Die Spinnen waren sowohl in den Bodenfallen enthalten, wurden aber auch beim Keschern und beim Einsatz des Klopfschirms mit erhoben. Zusätzlich wurden bei jeder der Begehung per Sichtung weitere Insektenarten wie Schmetterlinge, Libellen usw. erfasst und notiert. Alle Insekten wurden fotografiert und bestimmt und - soweit notwendig - zur sicheren Bestimmung auch unter dem Mikroskop untersucht. Soweit möglich wurden die Insekten bis auf Artebene bestimmt, die Spinnen bis auf Gattungsebene. Alle Daten wurden auf der Plattform observation.org sowie beim Artenfinder.RLP eingegeben und dienen so als Nachweis des Vorkommens und fließen in die Erstellung der Roten Listen für Rheinland-Pfalz und Deutschland ein.

Die vollständigen Ergebnisse sowie die Dokumentation der Insektenerhebung können im Detail im Abschlussbericht von Sabine Schwabe in der pdf -Datei (ca. 7 MB) nachgelesen werden.

Kurze Interpretation und Analyse der Ergebnisse: Das Wetter im Frühjahr und Sommer 2024 war geprägt von Wechselhaftigkeit und großen Temperaturgegensätzen sowie von teilweise erheblichen Niederschlägen. Dies hatte auch Auswirkungen auf die Insekten, egal welcher Artengruppen, denn die Insektenpopulationen werden stark durch die Witterung beeinflusst. Ein direkter Vergleich der beiden Flächen – NSG Rosengarten sowie Erweiterungsfläche - kann nicht vorgenommen werden, da es sich um vollkommen verschiedene Lebensräume/Biotope handelt. Vielmehr sollten die beiden Flächen als Einheit gesehen werden, die einander begünstigen und ergänzen. Berücksichtigt werden muss bei den Ergebnissen des Naturschutzgebietes Kalksteinbrüche Rosengarten, dass es dort zu Beginn der Erhebung erhebliche Probleme mit den Bodenfallen gab. Unbekannte haben die Untersuchung durch regelmäßiges Entfernen der Bodenfallen stark beeinflusst, so dass hier wichtige Daten fehlen, insbesondere die typischen Frühjahrsarten bei den Laufkäfern konnten so nicht erhoben werden. Betrachtet man die beiden Flächen als Einheit, konnten beachtliche 8121 Individuen auf beiden Flächen festgestellt werden, verteilt auf insgesamt 434 Arten. Dabei ist nicht nur die Individuenzahl hoch, sondern auch in den meisten Fällen die Aktivitätsdichte, das heißt die Anzahl der Individuen pro Art. Die meisten Individuen konnten bei den Laufkäfern festgestellt werden, gefolgt von den sonstigen Käfern und den Heuschrecken. Bei den Arten dominierten die sonstigen Käfer mit einer hohen Zahl von 147 Arten. Auf der Gesamtfläche waren 32,8% aller Individuen entweder gemäß der Roten Liste Deutschland bzw. Rheinland-Pfalz gefährdet oder nach BArtSchV besonders geschützt, bei den Arten waren es 10,13% aller festgestellten Arten beider Flächen. Dies ist ein sehr hoher Wert und zeigt die enorme Bedeutung dieser beiden Flächen als Lebensraum/Biotop.

Fazit: Das Naturschutzgebiet Kalksteinbrüche Rosengarten und die angrenzende Erweiterungsfläche haben eine hohe Bedeutung für die regionale Biodiversität. Das hohe Insektenvorkommen bei der Untersuchung, die Vielzahl an nachgewiesenen Arten sowie der hohe Anteil an gefährdeten bzw. nach BArtSchV besonders geschützten Arten und Individuen unterstreicht diese Bedeutung nochmals. Das NSG und die Erweiterungsfläche sind trotz oder gerade wegen der Insellage in der ausgeräumten rheinhessischen Landschaft, die geprägt ist durch Weinbau und Landwirtschaft, ein wichtiges Biotop und ein Lebensraum für eine Vielzahl an Arten, auch sehr seltene, wie zum Beispiel der Deutsche Totengräber (Nicrophorus germanicus) und der Warzenbeißer (Decticus verrucivorus). So wird die hohe Bedeutung kleinräumiger Sonderstandorte und die Notwendigkeit der Pflege, auch zielgerichtet zum Erhalt besonderer Arten, deutlich. Nicht zu vergessen ist die hohe ökologische Bedeutung der nachgewiesenen Insekten, denn diese erfüllen zahlreiche Schlüsselfunktionen in unserem Ökosystem. Hierzu zählen insbesondere die Bestäubung von Pflanzen sowie die Nahrungsgrundlage für eine Vielzahl von Tieren, wie zum Beispiel Vögel, Fledermäuse und Amphibien.

Bericht

Insektenerhebung 2024

Deutscher Totengräber entdeckt

Deutscher Totengräber (Nicrophorus germanicus)  (Sabine Schwabe)

Bedeutender Käferfund in Gundersheim

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Diese Insektenerhebung wurde zum Teil mit Mitteln des Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität Rheinland-Pfalz gefördert. Vielen Dank!